Warum der Wels unsere Angelhaken wahrnehmen kann
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Wenn Metall nicht unsichtbar ist – Warum der Wels unsere Wallerhaken wahrnehmen kann und wie Beschichtungen die Fischerei verändern
Vitali Dalke (DALKE FISHING)
Die verborgene Sinneswelt des Welses
Der Europäische Wels lebt in einer sensorischen Realität, die sich grundlegend von der unseren unterscheidet. Für uns ist ein Angelhaken ein kleines Stück Stahl, schlicht, funktional und visuell klar erkennbar. Für den Wels hingegen ist er ein Objekt, das chemische Spuren hinterlässt, elektrische Mikrofelder erzeugen kann und unter Umständen magnetisch auffällt. Da sich der Wels überwiegend auf seine hochspezialisierten Sinnesorgane und wenig auf sein Sehvermögen verlässt, nimmt er sein Umfeld in einer Umgebung wahr, die wir uns kaum vorstellen können.
Diese außergewöhnliche Sensibilität erklärt, warum metallische Komponenten eines Rigs im Wasser nicht automatisch „unsichtbar“ für den Fisch sind. Die moderne Welsfischerei muss daher mehr berücksichtigen als nur Ködergröße, Rigform oder Präsentation – denn auch der Wallerhaken selbst liefert Signale, die für den Wels relevant sein können.

Chemische Signale – Wenn Metall auf Wasser trifft
Die Haut des Welses und insbesondere seine Barteln sind mit einer enorm hohen Dichte an chemosensorischen Rezeptoren ausgestattet. Sie reagieren auf die geringsten Spuren von Substanzen, die sich im Wasser lösen. Metalloberflächen setzen, sobald sie mit Feuchtigkeit in Berührung kommen, geringe Mengen von Ionen frei. Für den Menschen sind diese Mengen unbedeutend, doch sie verändern lokal die chemische Zusammensetzung des Wassers – und genau das nimmt der Wels wahr.
Entscheidend dabei ist die chemische Interaktion zwischen Metall und Wasser. Eine Beschichtung wirkt hier wie eine Barriere. Sie verhindert den direkten Austausch zwischen Hakenstahl und Umgebung. Dadurch bleibt das chemische Umfeld des Köders neutraler und weniger auffällig für den Fisch, der sich oft über kurze Distanz entscheidet, ob er einen Köder nimmt oder nicht.
Elektrische Mikrofelder – das unsichtbare Signal im Wasser
Neben chemischen Reizen spielen elektrische Mikrofelder eine zentrale Rolle. Metall im Wasser bildet niemals ein völlig passives Element. Galvanische Effekte, Oberflächenreaktionen oder minimale Potentialunterschiede können dazu führen, dass im direkten Umfeld eines unbeschichteten Hakens elektrische Signale entstehen. Für uns sind sie unmessbar oder irrelevant – für elektroempfindliche Fischarten hingegen eindeutig wahrnehmbar.
Viele Welsarten besitzen elektrorezeptive Strukturen, die solche Mikrofelder registrieren können. Auch wenn nicht jeder elektrische Reiz eine Flucht- oder Vermeidungsreaktion beim Wels auslöst, ist klar, dass diese Signale in sein Gesamtbild des Köders einfließen. Eine Beschichtung reduziert diese elektrischen Phänomene deutlich, da der direkte Kontakt zwischen Metall und Wasser, nicht komplett reduziert, sondern stark reduziert wird, -die Hakenspitze muss frei von Beschichtungen bleiben. Dadurch verliert der Haken seine elektrochimische Auffälligkeit enorm, ohne dass seine Funktion beeinträchtigt wird.
Magnetische Effekte – ein oft unterschätzter Einfluss
In den letzten Jahren haben wissenschaftliche Arbeiten darauf hingewiesen, dass einige Welsarten magnetosensitive Strukturen besitzen. Sie können Veränderungen im natürlichen Magnetfeld wahrnehmen, das die Erde überall umgibt. Ein ferromagnetischer Haken verändert diese Feldlinien. Das bedeutet nicht, dass ein Wels grundsätzlich magnetische Objekte meidet. Doch er nimmt diese Veränderungen wahr und ordnet sie in seine Entscheidung ein, ob er den Köder untersucht oder verschmäht.
Auch hier liegt der entscheidende Vorteil einer Beschichtung darin, das Metall „passiver“ zu machen. Nicht das Material an sich, sondern seine direkte Interaktion mit Wasser und Umwelt ist es, die den Angelhaken auffällig macht. Eine stabile Beschichtung verändert die elektromagnetische Signatur nicht vollständig, reduziert jedoch die Reizintensität im Nahbereich.
Zwei Jahrzehnte Experimente – auf der Suche nach dem „neutralen“ Welshaken
Meine persönliche Auseinandersetzung mit diesem Thema begann bereits Anfang der 2000er-Jahre. Ich probierte verschiedene Möglichkeiten aus: Flüssiggummi, diverse Lacke und teilweise sogar Silikonbeschichtungen. Das Ziel war immer dasselbe – den Haken für den Fisch so unauffällig wie möglich zu machen.

Anfang 2000-er Jahre begann ich meine Welshaken und Komponente zu beschichten
Diese Beschichtungen hielten selten lange, und die mechanische Beanspruchung beim Welsangeln führte dazu, dass sich die Schichten schnell ablösten. Doch trotz der begrenzten Haltbarkeit zeigten die Tests eine eindeutige Tendenz. Sobald der Wallerhaken nicht mehr metallisch blank war, stiegen die Bissfrequenzen spürbar an. Dieses Muster bestätigte sich über Jahre hinweg und über zahlreiche Angelkollegen, Gewässer und Bedingungen hinweg. Besonders erfahrene und große Welse reagierten deutlich positiver auf beschichtete Hakenvarianten.
Moderne Technologie – ein Durchbruch für die Praxis
Viele Jahre später bietet die Industrie nun Verfahren an, die extrem widerstandsfähige und gleichzeitig sehr dünne Beschichtungen ermöglichen. Vor einiger Zeit stieß ich auf ein Verfahren, das erstmals sämtliche Anforderungen erfüllt, die wir Welsangler stellen. Die Beschichtung haftet außergewöhnlich stark, löst sich selbst bei intensiver Beanspruchung nicht ab. Obwohl die Oberfläche leicht rau wirken kann, spielt das für die sensorische Wahrnehmung des Welses keine Rolle – entscheidend ist, dass der Wallerhaken selbst isoliert bleibt.

Erste Haken Beschichtung als Test
Die ersten Proben, die ich im Rahmen der Mastodont-Wallerhaken getestet habe, überzeugten sofort. Sie verhielten sich im Wasser unauffällig, zeigten keine sichtbaren Abnutzungserscheinungen und blieben selbst nach langem Einsatz stabil. Laufende Praxistests bestätigen diese Ergebnisse und zeichnen ein klares Bild: Diese Beschichtung ist ein Meilenstein in der Welsfischerei.

Nach Abschluss der Testphase wird es unsere Mastodont-Wallerhaken auch als beschichtete Version geben. Für mich persönlich schließt sich damit ein langer Weg vom Experimentieren im Kleinen hin zur technischen Lösung im Großen.
Fazit – Die Zukunft der Welsfischerei ist sensorisch durchdacht
Metall ist im Wasser niemals neutral. Es sendet chemische, elektrische und magnetische Signale aus, die ein hochsensibler Fisch wie der Europäische Wels wahrnehmen kann. Eine hochwertige Beschichtung vermindert die Interaktion zwischen Metall und Umwelt – und genau diese Interaktion ist es, die den Angelhaken für den Waller auffällig macht.

Die moderne Welsfischerei befindet sich im Wandel. Wir verstehen immer besser, dass kleine technische Details einen enormen Unterschied ausmachen. Ein beschichteter Wallerhaken ist kein optischer Luxus, sondern ein funktionales Werkzeug, das das Fressverhalten des Welses positiv beeinflussen kann. Die Verbindung aus biologischem Verständnis und moderner Technologie macht diesen Fortschritt möglich – und eröffnet uns neue Wege, unsere Angelei noch effizienter und zugleich natürlicher zu gestalten.





