European Wels Catfisch (Silurus Glanis) dead

Wohin verschwinden die Kadaver großer Welse?

Vitali Dalke

Wohin verschwinden die Riesen? Warum finden wir fast nie Kadaver großer Welse?
Analyse von Vitali Dalke

Der Europäische Wels ist ein wahrer Flussriese. Er kann bis zu 3 Meter lang werden, über 200 Kilogramm wiegen und bis zu 90 Jahre alt werden. Dieser mächtige Raubfisch ist der Traum vieler Angler. Doch es gibt ein Rätsel: Trotz ihrer enormen Größe und langen Lebensdauer findet man tote Welse praktisch nie am Ufer oder an der Wasseroberfläche treibend. Wohin verschwinden diese Giganten? Die Antwort liegt in ihrer Lebensweise und natürlichen Prozessen.

1. Meister der Tarnung: Wo und wie der Wels lebt

Der Wels ist ein echter Unsichtbarer. Er bewohnt tiefe, schwer zugängliche Bereiche in Flüssen und Seen: in Flussbettmulden, tiefen Löchern, in der Nähe von Staumauern. Er liebt schlammigen Grund, Baumstümpfe, unterspülte Ufer – Orte, an denen er sich leicht verstecken kann. Das ist seine Festung.
Welse sind überwiegend nachtaktiv und ruhen tagsüber am Grund, wo sie sich ihrer Umgebung anpassen.

Sinne statt Sicht: Im trüben Wasser und in der Dunkelheit verlässt sich der Wels nicht auf seine Augen, sondern auf seine hochempfindlichen Barteln (die Gerüche und Geschmack wahrnehmen) und das Seitenlinienorgan (das Wasserbewegungen spürt). Das macht ihn zum perfekten Jäger unter Bedingungen, wo andere Fische hilflos sind.

Fazit: Wenn man einen lebenden Wels, der sich versteckt und nachtaktiv ist, schon schwer zu Gesicht bekommt, dann bleibt sein toter Körper, der in derselben tiefen Mulde oder unter Baumstümpfen zurückbleibt, umso mehr vor menschlichen Blicken verborgen. Selbst wenn er auftaucht, kann dies weit vom Ufer oder in verborgenen Gebieten geschehen.

2. Warum Welse sterben und wo dies geschieht

Welse sterben aus verschiedenen Gründen, oft in ihren versteckten Rückzugsorten:

Sauerstoffmangel (Fischsterben): Große Fische brauchen viel Sauerstoff. Im Winter unter Eis oder im Sommer bei Hitze und Algenblüte kann Sauerstoff knapp werden. Geschwächte und alte Welse sterben, und ihre Kadaver bleiben am Grund – unsichtbar unter dem Eis oder bis zum Frühjahr.

Krankheiten: Welse erkranken. Es gibt Viren, die besonders für Jungtiere gefährlich sind, aber auch adulte Tiere befallen können, besonders in warmem Wasser oder bei schlechter Umweltqualität.

Verschmutzung: Als Raubfische reichern Welse Schadstoffe an (z.B. industrielle Altlasten, Plastik) aus Wasser und Beute. Dies kann große, alte Tiere langsam töten. Gewässerverschmutzung (Chemikalien, Schwermetalle) kann die Zersetzung beschleunigen, sodass Überreste unsichtbar werden.

Wichtig: In stark verschmutzten Gewässern (Industriegebieten) sterben Welse häufiger, aber ihre Körper zerfallen schneller.

Altersschwäche: Alte Welse (30+ Jahre) ziehen sich vor dem Tod oft in die tiefsten und ruhigsten Bereiche zurück. Sie bewegen sich weniger, werden schwächer und sterben, ohne bemerkt zu werden. Im Gegensatz zu Jungtieren tauchen ihre Körper nicht auf, da Fettschicht und Muskelmasse sie am Grund halten.

Wichtig: Viele dieser Todesursachen (Sauerstoffmangel, Vergiftungen, Altersschwäche) führen dazu, dass der Wels in seinem vertrauten, tiefen Versteck stirbt. Sein Körper sinkt sofort zu Boden – besonders wenn er groß und schwer ist. Oft bilden sich nicht genug Gase, die den Körper zum Auftreiben bringen würden.

3. Was mit dem Körper nach dem Tod geschieht: Die Natur räumt auf

Selbst wenn ein Wels stirbt, bleibt sein Körper selten lange sichtbar. Die Natur "entsorgt" ihn schnell:

Große Welse haben eine dicke Fettschicht und dichte Muskelmasse, die Aasfresser anlocken (Krebse, Muscheln, kleine Fische). Innerhalb weniger Tage kann vom Kadaver nur noch das Skelett übrig bleiben, das entweder von Sediment überdeckt oder von der Strömung zerstört wird.

Zersetzung im Wasser: Zuerst sinkt der Körper. Dann produzieren Bakterien Gase im Innern, und der Körper kann bauchoben auftreiben. Aber nicht für lange. Die Gase entweichen, der Körper sinkt wieder und zersetzt sich weiter am Grund.

Fakt: Studien zeigen, dass in warmem Wasser (+20°C und höher) ein Fischkörper innerhalb von 1–2 Wochen vollständig verschwindet.

Die Geschwindigkeit dieses Prozesses hängt ab von:

Temperatur: In warmem Wasser zersetzt sich der Körper schneller.

Sauerstoff: In sauerstoffarmem Wasser (wo Welse oft sterben) verlangsamt sich die Zersetzung, was die Bildung von Auftriebsgasen verzögert. So bleibt der Kadaver oft am Grund.

Strömung: Starke Strömung kann den Körper weit forttragen oder in Teile zerreißen.

Tiefe: In der Tiefe ist es kälter und dunkler – die Zersetzung ist langsamer und der Körper eines toten Welses bleibt verborgen.

Die Hauptaufräumer – Aasfresser: Das ist der Schlüssel zum "Verschwinden"! In Gewässern leben viele Arten, die sich von Aas ernähren:

Der Wels selbst: Ja, Welse verhalten sich gelegentlich als Aasfresser!

Andere Bewohner: Grundeln, Aale, Krebse, verschiedene Wasserinsekten und ihre Larven fressen mit enormer Geschwindigkeit das Weichgewebe toter Fische.

Vögel und Säugetiere: Reiher, Kormorane, Otter, Nerze – sie lassen sich eine Mahlzeit nicht entgehen, wenn sie an der Oberfläche oder am Ufer liegt.

Die Effizienz der Aasfresser ist erstaunlich. Selbst einen großen Wels können sie innerhalb weniger Tage "zerlegen". Der Körper kann auftauchen und wieder sinken, aber die Aasfresser erledigen ihre Arbeit, bevor ein Mensch ihn bemerkt.

4. Fazit: Warum ein toter Wels eine Rarität ist

Die seltenen Funde toter Welse erklären sich durch das Zusammenspiel mehrerer Faktoren:

Verstecktes Leben: Welse sterben dort, wo sie leben – in tiefen, dunklen, unzugänglichen Orten.

Todesumstände: Die Todesursachen (Sauerstoffmangel, Krankheiten, Altersschwäche) führen oft dazu, dass der Körper am Grund liegen bleibt und nicht auftaucht.

Schnelle Zersetzung: Wasser und Mikroorganismen zerstören organisches Material rasch.

Hocheffiziente Aasfresser: Eine Armee aus Krebsen, Insekten, anderen Fischen, Vögeln und Säugern beseitigt selbst große Überreste in Rekordzeit.

Strömung und Zufall: Wenn ein Körper doch auftaucht, kann die Strömung ihn weit forttragen oder zerreißen, und Menschen sind einfach nicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Daten von Ichthyologen: In Flüssen Deutschlands und der Niederlande, wo Wels-Populationen überwacht werden, werden große tote Exemplare 5–10 mal seltener gefunden als kleine.

Abschluss: Das Fehlen toter Welse an der Oberfläche ist kein Rätsel, sondern beweist die erstaunliche Effizienz natürlicher Mechanismen. Die versteckte Lebensweise dieser Riesen im Tod, schnelle Zersetzungsprozesse und vor allem die Arbeit unzähliger "Wasserpolizei"-Arten sorgen für eine nahezu sofortige Beseitigung ihrer Überreste. Die Natur hinterlässt keine Spuren, und der Wels verschwindet spurlos – wie ein echtes Flussgespenst.

Vitali Dalke

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